Dienstag, 04. Dezember 2018 um 20 c.t. im Kupferbau 21
Soziale Medien wie Facebook oder Twitter spielen eine wichtige Rolle für die Verbreitung neurechter Diskurse. Antidemokratische Positionen können auf Facebook oder Twitter im (halb-) öffentlichen Raum artikuliert und durch Echoeffekte gefestigt werden, während die Feedbackschleifen der sozialen Medien völkisch-konservative und neonazistisch eingestellte Personengruppen zu immer radikaleren Ausfällen verleiten.
Am Beispiel der Facebook-Seite Boris Palmers lässt sich zeigen, dass sich in Teilbereichen der sozialen Medien autoritär verengte, selbstverstärkende Diskursräume herausbilden. Soziale Konflikte werden hier ethnisiert (d.h. z.B. auf Migration zurückgeführt). Es entstehen dramatisierende und emotionalisierende Moralpaniken um (vermeintliche) Angsträume, gesellschaftliche Verfallsprozesse, zunehmende Bedrohungen und einen zu permissiven bzw. dysfunktionalen Rechtsstaat. Neonazistische Terminologie wird in den Debatten normalisiert (z.B. Flüchtlinge als „Eroberer“). Konservative bis offen neonazistische Diskurse werden über die Pseudo-Evidenz eines gesunden Menschenverstands („Einzelfallkette“) legitimiert, der die eigene Position als die eines homogenen Volksempfindens inszeniert. Eine wichtige Rolle spielt darüber hinaus die Behauptung einer naiven und weltfremden political correctness: Ziel der Behauptung ist es, antirassistische, feministische, linke, schwul-lesbische oder antifaschistische Positionen zu diffamieren und gleichzeitig die eigene Position gegen aufklärerische Kritik und demokratische Deliberation zu immunisieren.
Der Vortrag verortet diese Befunde vor dem Hintergrund der Theorietradition der Neuen Rechten und diskutiert abschließend mögliche Gegenstrategien.
Mit freundlicher Unterstützung durch den Studierendenrat Tübingen.